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Martin Luther, Sendbrief vom Dolmetschen

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Martin Luther (1483-1546)

Martin Lutero, capo della riforma protestante in Germania, e il traduttore della Bibbia dal latino in tedesco.

Martin Luther led the Protestant Reformation in Germay and translated the Bible from Latin into German.

Sendbrief vom Dolmetschen

Ich habe mich des geflissen im Dolmetschen, dass ich rein und klar Deutsch geben möchte. Und ist uns wohl oft begegnet, dass wir vierzehn Tage, drei vier Wochen haben ein einziges Wort gesucht und gefragt, haben's dennoch zuweilen nicht funden. Im Hiob arbeiteten wir also, M. Philipps, Aurogallus und ich, dass wir in vier Tagen zuweilen kaum drei Zeilen kunnten fertigen. Lieber, nu es verdeutsch und bereit ist, kann's ein jeder lesen und meistern; lauft einer itzt mit den Augen durch drei, vier Blätter und stosst nicht einmal an, wird aber nicht gewahr, welche Wacken und Klötze da gelegen sind, da er itzt über hin gehet wie über ein gehoffelt Brett, da wir haben müssen schwitzen und uns ängsten, ehe denn wir solche Wacken und Klötze aus dem Wege räumeten, auf dass man künnte so fein daher gehen: Es ist gut pflügen, wenn der Acker gereinigt ist; aber den Wald und die Stöcke ausrotten und den Acker zurichten, da will niemand an. Es ist bei der Welt kein Dank zu verdienen; kann doch Gott selber mit der Sonnen, ja mit Himmel und Erden, noch mit seines eigenen Sohns Tod keinen Dank verdienen; sie sei und bleibt Welt des Teufels Namen, weil sie ja nicht anders will.

Also habe ich hie Röm. 3 fast wohl gewusst, dass im lateinischen und griechischen Text das Wort "solum" nicht stehet, und hätten mich solchs die Papisten nicht dürfen lehren. Wahr ist's. Diese vier Buchstaben "sola" stehen nicht drinnen, welche Buchstaben die Eselsköpf ansehen, wie die Kühe ein neu Tor, sehen aber nicht, dass es gleichwohl die Meinung des Textes in sich hat, und wo man's will klar und gewaltiglich verdeutschen, so gehöret es hinein. Denn ich habe Deutsch, nicht Lateinisch noch Griechisch reden wollen, da ich Deutsch zu reden im Dolmetschen fürgenommen hatte. Das ist aber die Art unser Deutschen Sprache, wenn sie ein Rede begibt von zweien Dingen, der man eins bekennet und das ander verneinet, so braucht man des Worts "solum" (allein) neben dem Wort "nicht" oder "kein". Als wenn man sagt: "Der Baur bringt allein Korn und kein Geld; nein, ich hab wahrlich itzt nicht Geld, sondern allein Korn. Ich hab allein gessen und noch nicht getrunken. Hast du allein geschrieben und nicht überlesen?" Und dergleichen unzählige Weise in täglichem Brauch.

In diesen Reden allen, ob's gleich die lateinische oder griechische Sprach nicht tut, so tut's doch die deutsche, und ist ihr Art, dass sie das Wort "allein" hinzusetzt, auf dass das Wort "nicht" oder "kein" desto völliger und deutlicher sei. Denn wiewohl ich auch sage: "Der Baur bringt Korn und kein Geld", so laut doch das Wort "kein Geld" nicht so völlig und deutlich, als wenn ich sage: "Der Baur bringt allein Korn und kein Geld"; und hilft hie das Wort "allein" dem Wort "kein" so viel, dass es ein völlige deutsche klare Rede wird. Denn man muss nicht die Buchstaben in der lateinischen Sprachen fragen, wie man soll Deutsch reden, wie diese Esel tun, sondern man muss die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gassen, den gemeinen Mann auf dem Markt drumb fragen und denselbigen auf das Maul sehen, wie sie reden, und darnach dolmetschen; so verstehen sie es denn und merken, dass man Deutsch mit ihnen redet.

Als wenn Christus spricht: "Ex abundantia cordis os loquitur". Wenn ich den Eseln soll folgen, die werden mir die Buchstaben fürlegen und also dolmetschen: "Aus dem Überfluss des Herzen redet der Mund". Sage mir, ist das Deutsch geredt? Welcher Deutscher versteht solchs? Was ist "Überfluss des Herzen" für ein Ding? Das kann kein Deutscher sagen, er wollt denn sagen, es sei, dass einer allzu ein gross Herz habe oder zu viel Herzes habe, wiewohl das auch noch nicht recht ist; denn "Überfluss des Herzen" ist kein Deutsch, so wenig als das Deutsch ist: Überfluss des Hauses, Überfluss des Kachelofens, Überfluss der Bank", sondern also redet die Mutter im Haus und der gemeine Mann: "Wes das Herz voll ist, des gehet der Mund über". Das heisst gut Deutsch geredt.

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